Hintergrund Schmerz ist eines der häufigsten mit Krebs zusammenhängenden Symptome und 33% bis 64% der Patienten und Patientinnen mit Krebserkrankungen leiden unter Schmerzen. Obwohl es heutzutage wirksame Behandlungsmöglichkeiten gibt, erhalten mehr als 40% aller Patienten und Patientinnen mit Krebs keine adäquate Schmerzbehandlung. Schmerzen haben jedoch einen negativen Einfluss auf die Lebensqualität der Betroffenen, die Kontrolle von Schmerzen sollte deshalb ein Eckstein in der Krebsbe- handlung sein.
Gründe für eine ungenügende Schmerztherapie sind einerseits im Gesundheitssystem und bei Fachpersonen zu finden, andererseits tragen Patienten und Patientinnen ebenfalls dazu bei. Fehlendes Wissen und Missverständnisse haben zur Folge, dass Schmerzmedikamente oft nicht wie verschrieben eingenommen werden. Zudem ist das Umsetzen einer Schmerzbehandlung im Alltag eine anspruchsvolle Aufgabe.
In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass mit Interventionen, welche Patienten und Patientinnen mit Krebs und ihre pflegenden Angehörigen im Selbstmanagement von Schmerzen unterstützten, Schmerzen reduziert werden konnten. Der Effekt solcher Interventionen war allerdings bisher moderat. Weitere Studien sind angezeigt. Die geplante multizentrische Studie basiert auf der Forschungsarbeit von Miaskowski und ihrer PRO-SELF© Pain Control Program (PCP) Forschungsgruppe an der Universität von Kalifornien, San Francisco. Im Rahmen einer Pilotstudie wurde das PRO-SELF© PCP übersetzt und für eine deutschsprachige Bevölkerung angepasst. Machbarkeit der Studie und Durchführbarkeit der Intervention konnten aufgezeigt werden. Aufgrund von Erfahrungen und Ergebnissen der Pilotstudie wurde die Intervention für die multizentrische Studie angepasst.
Zielsetzung Mit dieser multizentrischen Studie soll primär die Wirksamkeit des deutschsprachigen PRO-SELF© Plus PCP bezüglich Schmerzreduktion getestet werden. Dieses Edukationsprogramm für Patienten und Patientinnen mit krebsbedingten Schmerzen und ihre pflegenden Angehörigen zielt darauf ab, Betroffene zum Schmerz-Selbstmanagement zu befähigen und damit eine bessere Kontrolle der Schmerzen zu erreichen. Zusätzlich soll die Wirkung der Intervention auf mit Schmerzen zusammenhängende Beschwerden untersucht werden. Schliesslich sollen Erfahrungen von Studienteilnehmenden mit dem Schmerz-Selbstmanagement exploriert werden.
Design/Methode Für die Studie wird ein „nested concurrent mixed methods“ Design eingesetzt, d. h. ein randomisiert-kontrollierter klinischer Versuch wird mit einer qualitativen Substudie kombiniert. Nach dem Erfassen von Basisdaten werden die Studienteilnehmenden zufällig entweder der Interventions- oder Kontrollgruppe zugeordnet. Die Studie dauert sieben Wochen. In beiden Gruppen führen die Patienten und Patientinnen ein Schmerztagebuch. Daten werden nach der ersten und nach sechs Wochen erhoben. Hauptergebnisse sind durchschnittliche und stärkste Schmerzen. Patienten mit krebsbedingten Schmerzen werden rekrutiert in den onkologischen Ambulatorien der Universitätsspitäler Basel, Zürich und Bern. Angehörige können an der Studie teilnehmen, wenn sie in das Schmerz-Selbstmanagement involviert sind.
Die Intervention, das deutschsprachige PRO-SELF© Plus PCP, umfasst standardisierte und individuell zugeschnittene Komponenten. Patienten und Patientinnen (und Angehörige) erhalten wöchentliche Hausbesuche oder Telefonanrufe. Zuerst werden wesentliche Inhalte des Programms vermittelt (z.B. Schmerzerfassung, Wissen zu Schmerzmedikamenten), danach werden Dauer und Inhalte der Besuche/Telefonanrufe den Bedürfnissen der Teilnehmenden angepasst. Das Schmerztagebuch und die verschriebenen Schmerzmedikamente und nötige Anpassungen werden besprochen. Zudem wird nach Nebenwirkungen gefragt und ein Behandlungsplan dazu besprochen.
Für die Analyse wird einer „intent-to-treat“ Strategie gefolgt und es werden „generalized mixed models“ berechnet. Durchschnittliche Kosten der Intervention pro Patient werden berechnet.
Für die qualitative Substudie werden Teilnehmende zu ihren Erfahrungen mit dem Schmerzmanagement und der Intervention interviewt. Die Daten werden mittels „interpretive description“ schrittweise und systematisch in einem iterativen Prozess analysiert. Ergebnisse werden beschrieben und interpretiert.
Erwarteter Nutzen / Relevanz Mit dem geplanten randomisiert-kontrollierten klinischen Versuch wird die Wirksamkeit des deutschsprachigen PRO-SELF© Plus PCP getestet. Ergebnisse der qualitativen Substudie werden zusätzlich Einsicht in das Erleben von Patienten und pflegenden Angehörigen ermöglichen. Wenn durch das deutschsprachige PRO-SELF© Plus PCP Patienten und Patientinnen mit Krebserkrankungen und pflegende Angehörigen im Schmerz-Selbstmanagement unterstützt und dadurch Schmerzen reduziert werden können, könnte das Programm für die klinische Praxis angepasst werden. Speziell ausgebildete Pflegefachpersonen könnten die Intervention in Ambulatorien und spitalextern umsetzen. |