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Abseits der Betroffenheit: Blasphemie als Aushandlung von sozialer Ordnung
Book Item (Buchkapitel, Lexikonartikel, jur. Kommentierung, Beiträge in Sammelbänden)
 
ID 4614656
Author(s) Köhrsen, Jens
Author(s) at UniBasel Köhrsen, Jens
Year 2021
Title Abseits der Betroffenheit: Blasphemie als Aushandlung von sozialer Ordnung
Editor(s) Gockel, Matthias; Mohn, Jürgen; Wüthrich, Matthias
Book title Blasphemie. Anspruch und Widerstreit in Religionskonflikten
Publisher Mohr-Siebeck
Place of publication Tübingen
Pages 79-97
ISSN/ISBN 2700-7138 ; 2700-7146 ; 978-3-16-155899-3 ; 978-3-16-159551-6
Abstract Zum Erstaunen vieler Beobachter*innen ist Blasphemie in der späten Moderne öffentlich äußerst sichtbar geworden. Prominente Fälle wie "Die satanischen Verse" von Salman Rushdie, die Mohammed-Karikaturen der dänischen Zeitschrift Jyllands-Posten, die angekündigte Koranverbrennung durch den freikirchlichen Pastor Terry Jones in den USA oder der Terroranschlag auf das Redaktionsbüro von Charlie Hebdo haben das Thema auf die Tagesordnung gerufen und zu öffentlichen Debatten über den Umgang mit religionsdiffamierender Kommunikation geführt. In der bisherigen Forschung wird Blasphemie häufig als eine Verletzung religiöser Gefühle interpretiert. Dabei steht die persönliche Betroffenheit der 'Geschädigten' im Zentrum, welche im schlimmsten Fall in Gewalt und dauerhafte soziale Zerwürfnisse umschlage. Der Fokus der Beobachtungen liegt somit auf dem destruktiven Potenzial von blasphemischen Verletzungen, zu dessen Bändigung über interkulturelle Toleranz, die Grenzen legitimer Meinungsäußerung und das gemeinsame Erlernen von Streitkulturen debattiert wird (Haberer 2014; Laubach & Lindner 2014; Scheffler 2008; Schick & Ludwig 2014). Der Beitrag bietet eine alternative Deutung an, die Blasphemie als Akt der Verhandlung von sozialer Ordnung versteht. Dabei geht es nicht um die persönliche Betroffenheit der Geschädigten sondern um gesellschaftliche Ordnungsspiele: Blasphemische Interaktionen dienen der Aushandlung gesellschaftlicher Ordnungen, die das religiöse Feld selbst oder dessen Verhältnis zur gesellschaftlichen Umwelt betreffen. Diese Perspektive basiert auf der soziologischen Theorie der Felder (Fligstein 2001; Fligstein & McAdam 2012) und betrachtet Blasphemie als ein Interaktionssystem. An diesem Interaktionssystem nehmen mehrere Akteure mit unterschiedlichen Rollen teil: (a) Blasphemiker*in , der die blasphemische Kommunikation zugeschrieben wird; (b) die Geschädigten , die von der religionsabwertenden Kommunikation betroffen sind; (c) Ankläger*in , die die Kommunikation erstmalig als 'blasphemisch' markiert; (d) eine Autorität (z. B. Recht, Medien), die basierend auf vorliegenden Strukturen (z. B. Wissensstrukturen und Rechtsnormen) und ihrer Deutungshoheit die Kommunikation erfolgreich als blasphemisch definieren kann. Unter welchen Bedingungen religionsabwertende Kommunikation erfolgreich als Blasphemie markiert werden kann, hängt von der strukturellen Rahmung (rechtliche Regeln, verbreitete Vorstellung über Blasphemie) und dem Interaktionsverlauf zwischen den Akteuren ab. Die blasphemischen Ordnungsspiele können drei Typen von Ordnung betreffen: Sie beziehen sich auf Änderungen (1) der Machtverhältnisse zwischen Akteuren im religiösen Feld, (2) der Spielregeln, die definieren, welche Aktivitäten im feldinternen Wettbewerb als legitim betrachtet werden, oder (3) des Verhältnisses des religiösen Feldes zu anderen Feldern, bei dem die Grenzen des religiösen Feldes ausgehandelt werden. Dabei ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen innerreligiösen Hierarchiespielen, die die internen Ordnungen religiöser Felder betreffen und gesellschaftlichen Grenzspielen , die sich auf das Verhältnis zwischen dem religiösen Feld und dessen gesellschaftlicher Umwelt beziehen.
edoc-URL https://edoc.unibas.ch/81385/
Full Text on edoc Available
Digital Object Identifier DOI 10.1628/978-3-16-159551-6
 
   

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14/05/2024