Abstract |
Ein Mann kommt in eine Bar und bestellt ein Bier. Der Wirt schenkt ihm ein helles Lager nach Pilsner Brauart aus. Das ist kein Witz, sondern in den meisten Weltgegenden Normalität. Pilsner Bier hat sich fast auf der ganzen Welt ausgebreitet. Zum ersten Mal gebraut wurde das goldgelbe Getränk mit dem leicht bitteren Geschmack 1842 im böhmischen Pilsen. Auf welchen Wegen kam dieses Bier von der habsburgischen Kleinstadt in die Kneipen und Läden aller Kontinente?
Die Frage, wie Pilsner zum global verbreiteten Konsumgut wurde, steht im Mittelpunkt des Forschungsprojekts. Dabei wird davon ausgegangen, dass es sich nicht um eine lineare Diffusion handelte, die aufgrund der Güte des Produkts unausweichlich gewesen sei. Stattdessen soll der Aufstieg des Pilsner zum weltweit verbreitetsten Brautyp als kontingenter Prozess verstanden werden, der durch sozialen, technischen und politischen Wandel beeinflusst wurde. Das bedeutet, das Handeln von AkteurInnen in konkreten Situationen nachzuzeichnen, die Ausbreitung gegenläufiger Faktoren zu berücksichtigen und danach zu fragen, wie sich das Produkt selbst im Transfer veränderte. Weil Pilsner nicht als regionale Markenbezeichnung geschützt ist, entstanden zahlreiche Spielarten, die oftmals nicht viel mehr als die Farbe mit dem ursprünglichen Getränk gemein haben. Hier ist zu beschreiben, wie sich die bis heute bestehende Marke Pilsner Urquell zu Bieren verhält, die sich ebenfalls Pilsner nennen, und zu den vielen Lagerbieren, die auf die Brauart zurückgehen, sich aber weit vom ursprünglichen böhmischen Getränk entfernt haben.
Das Projekt kombiniert Ansätze der Wirtschafts-, Technik-, Umwelt- und Verflechtungsgeschichte, um der Warenkette des Pilsner Bieres von den natürlichen Rohstoffen über Herstellung und Vertrieb bis zu Ausschank, Konsum und Werbung zu folgen. Zugleich werden wichtige Etappen in seiner globalen Verbreitung anhand von Mikrostudien untersucht. Im Ergebnis sollen die verschlungenen Pfade sichtbar werden, auf denen die moderne Welt eine Welt der Pils-TrinkerInnen geworden ist. |