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"Zweite Natur" und "moderne Lebensform"
Book Item (Buchkapitel, Lexikonartikel, jur. Kommentierung, Beiträge in Sammelbänden)
 
ID 3896660
Author(s) Müller, Jan
Author(s) at UniBasel Müller, Jan
Year 2017
Title "Zweite Natur" und "moderne Lebensform"
Editor(s) Kertscher, Jens; Müller, Jan
Book title Praxis und "zweite Natur". Begründungsfiguren normativer Wirklichkeit in der Diskussion
Publisher Mentis
Place of publication Münster
Pages 151-165
ISSN/ISBN 978-3-95743-092-2 ; 978-3-95743-824-9
Keywords Form of Life, Wittgenstein, Practice, Philosophy of Action, Practical Normativity
Abstract Das Bild der „zweiten Natur“ will verständlich machen, dass „Geist“ – die Rationalität und Spontaneität unseres Handelns und Denkens – zugleich nur als von anderer Art, und also auch nur andersartig verständlich ist als Dinge und Wesen der sonstigen belebten und unbelebten Natur – und doch gleichwohl ein Teil dieser Natur ist. Die Vorstellung einer „zweiten Natur“ verspricht, verstehen zu können, wie sich das in Sprache und mittels Urteilen fortbewegende Denken einerseits wesentlich nur an den Ansprüchen misst, die es selbst unbedingt und überzeitlich an sich stellt – und wie es als praktisch wirkliches Denken, als Handeln , begrifflich mit den Trieben, Affekten und Bedürfnissen zusammenhängt, die scheinbar auch in der Erklärung der Aktivität anderer Lebewesen auftauchten. Die Idee der „zweiten Natur“ ist also die Aufforderung, die Verschiedenheit von Geist und Natur in eine Spannung umzudeuten. Sie artikuliert ein begriffliches Problem. Das Problem ist dieses: Die Form von (praktischer sowohl wie theoretischer) Rationalität lässt sich nur verstehen an ihrer Exemplifizierung: als unsere Rationalität in der Selbstverständigung unserer generischen Praxisform – menschlicher und moderner Praxis. Es klingt aber unmittelbar schief, sie nur als solches Exempel verstehen zu wollen, weil sich unmittelbar skeptische Konsequenzen (wahlweise als Relativismus oder als Historizismus) nahelegen. Dieser Argwohn verschwindet weder, wenn man das Modell der „zweiten Natur“ wörtlich verstünde, noch indem man schlicht auf es verzichtete. Beide Reaktionen missverstünden das Modell als eine Problem lösung , nicht als eine Problem formulierung . Man weist dem Argwohn seinen Platz zu, wenn man versteht, dass er nicht ein theoretisches Rätsel , sondern eine praktische Herausforderung ausdrückt. Denn die Spannung, die das Modell „zweiter Natur“ benennt aber nicht löst, gehört zu unserer Lebensform als unhintergehbar moderner Lebensform dazu. Ich will diese Vermutung in fünf Schritten plausibel machen. Im ersten Schritt entwickle ich, dass das Modell einer „zweiten Natur“ das Dilemma formuliert, die Normativität menschlicher Vollzüge als zugleich objektiv und nicht-akzidentiell erläutern zu müssen. Im zweiten Schritt diskutiere ich John McDowells Vorschlag, dieses Dilemma auszuräumen. Sein Vorschlag ist deshalb instruktiv, weil er exemplarisch anschaulich macht, warum es so überredend ist, bei der Frage nach der „Zweiten Natur“ auf Aristoteles zurückzugreifen, und warum dieser Rückgriff zugleich zu anspruchsvoll sein mag. McDowell will, kurz gesagt, mit der Idee der „zweiten Natur“ auch ihr kritisches Potential depotenzieren, um einen naturalistischen oder metaphysischen Reduktionismus zu verhindern. So weit sollte man aber nicht gehen. Angemessener ist, die Idee der „zweiten Natur des Menschen“ als eine kritische kategoriale Klausel zu verstehen, die greift, wenn man das Verhältnis von menschlicher Praxis und Natur bedenkt: Der Sinn und die Geltung der Unterscheidung von „erster“ und „zweiter Natur“ hängt unhintergehbar von der Selbstverständigung wirklicher Menschen – von „zweiter Natur“ ab. „[I]n Wahrheit [ist] die zweite Natur die erste“ (Adorno 1990, 365): Das soll der der dritte Schritt ergeben. Man versteht dann nicht nur besser, wie die Rede von „Natur“ im Ausdruck „zweite Natur“ funktioniert; man versteht auch, weshalb sich die essentialistische Vorstellung von „Natur“ so überredend hat verknüpfen können mit einer Vorstellung von unserer Lebensform als wesentlich homogen und allenfalls zufällig konfliktförmig. Diese Vorstellung soll der vierte Schritt durch eine notwendig moderne Fassung des Begriffs „Lebensform“ korrigieren. Am Schluss suche ich mir Hilfe bei Marx, um zu zeigen, welche problematischen Folgefragen sich aus all dem ergeben.
edoc-URL http://edoc.unibas.ch/56122/
Full Text on edoc No
 
   

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29/03/2024