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Ausdruckspolyphonie in Längs- und Querschnitten. Artikulationsschichten in Hermann Burgers Roman Die künstliche Mutter (1982) und in der gleichnamigen Musiktheater-Adaption von Michel Roth (2016)
ConferencePaper (Artikel, die in Tagungsbänden erschienen sind)
Ausdruckspolyphonie in Längs- und Querschnitten. Artikulationsschichten in Hermann Burgers Roman Die künstliche Mutter (1982) und in der gleichnamigen Musiktheater-Adaption von Michel Roth (2016)
Hermann Burger, Michel Roth, Die künstliche Mutter, Lucerne Festival, Gare du Nord
Abstract
Fasziniert in Burgers Roman „Die künstliche Mutter“ (1982) die virtuose Sprachvielfalt, die kraftvoll und spielerisch unterschiedlichste Jargons und Terminologien miteinander verquickt: Militärfloskeln, archaischer Urner Dialekt, Exkursionsführer, Fahrplandeutsch, medizinische Fachausdrücke, Esoterik, derbe Zoten und vieles mehr. Zudem ist das Werk als vielseitiges Echo auf den Literatur-Kanon (mit Verweisen auf Goethe, Kafka, Th. Mann, Dürrenmatt, u.v.a.) zu lesen, dem Michel Roth in seiner Musiktheateradaption ein ›vielsaitiges‹ Echo auf die Musikgeschichte (mit Anspielungen auf Berg, Strawinsky, Krenek, etc.) gegenüberstellt. Kontakariert Burger die barocke Sinnlichkeit und Fabulierlust durch eine inhärente Sprachkritik, so nimmt Roth diese in seiner musikalischen Umsetzung auf und durchmischt nicht nur musikalische Genres (u.a. Volks-, Blas-, Militär- und Unterhaltungsmusik), sondern auch die Aufgaben der besetzten Rollen, indem die Schauspieler musikalisch aktiv werden müssen, während die Musiker in szenische Abläufe eingebunden werden. Im Zentrum steht somit die Sinnlichkeit der sprachlichen Imagination und die Entsinnlichung der Welt durch den Drang, alles in Sprache zu fassen, zu verdeutlichen: das Dramatische am gewählten Stoff entspringt so gerade dieser eigentümlichen Mischung von operettenhaftem Sprachwitz und tief brütender sprachlicher Dekonstruktion und Reflexion.