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Die protestantische Theologie hat sich in der Moderne nicht nur mit der Transformation der sozialen Verhältnisse auseinandersetzen müssen, sondern versucht, einen eigenständigen Beitrag dazu zu leisten. Ein besonders markantes Beispiel dafür stellt die Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Individualisierung dar. Angestossen wurde das theologische Nachdenken über „Individualität“ durch F.D.E. Schleiermacher. Das Individuelle des Menschen erhält in Schleiermachers Werk eine spezifische Funktion für den Aufbau religiöser (und nichtreligiöser) Gemeinschaftsformen. Weitergeführt wird dieses Denken besonders deutlich bei W. Herrmann, der die Ausbildung und Förderung persönlicher Individualität zu den Kernaufgaben des Christentums zur Stabilisierung der gesellschaftlichen Öffentlichkeit rechnet. Nach der Krise des liberalen Denkens im Ersten Weltkrieg verlor eine solche emphatische Befürwortung des Individuellen ihre Selbstverständlichkeit. Während K. Barth eine negative Theologie der Individualität entwickelte, propagierte sein Zeitgenosse E. Hirsch einen heroischen Individualismus. Die Konsequenz beider Radikalisierungen waren die sozialethische Sprachlosigkeit Barths und die theologische Auslieferung des Einzelnen an seinen Kontext bei Hirsch. Der Blick auf diese „Klassiker“ verweist auf die ethische Bedeutung des theologischen Nachdenkens über das Individuelle auch für die Gegenwart.