Abstract |
Im Zusammenhang mit Substanzabhängigkeiten beschreibt der Begriff Aufmerksamkeitsverzerrung (AV, attentional biases) die Eigenschaft substanzbezogener Reize, die Aufmerksamkeit in besonderer Weise auf sich zu ziehen. Die Aufmerksamkeit ist „verzerrt“ zu Gunsten entsprechender Reize im Vergleich zu anderen Reizen in der Umwelt.
Im Zusammenhang mit Substanzkonsum konzentrierte sich die bisherige Forschung auf die Untersuchung einzelner Faktoren, die Einfluss auf die Stärke von AVen nehmen. So weisen starke Konsumenten von Alkohol oder Nikotin im Mittel stärkere AVen auf als schwache Konsumenten (Field & Cox, 2008). Ebenso verstärkt eine leichte Intoxikation mit Alkohol den Effekt (Field, Mogg, & Bradley, 2005; Schoenmakers, Wiers, & Field, 2008). Vernachlässigt, aber dringend benötigt sind Studien, die die Rolle von interindividuellen Unterschieden bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von AVen untersuchen (Field & Cox, 2008).
In einer ersten Studie konnten wir zeigen, dass interindividuelle Unterschiede in automatischen Assoziationen zu Alkohol die Stärke von AVen in Bezug auf alkoholbezogene Stimuli vorhersagten (Friese, Bargas-Avila, Hofmann, & Wiers, 2009). Wie erwartet galt dies aber nur für Personen mit geringer exekutiver Kontrolle. Diese Personen konnten den Einfluss ihrer automatischen Assoziationen mit Alkohol auf die Aufmerksamkeitssteuerung nicht kontrollieren, während dies Personen mit hoher exekutiver Kontrolle gelang.
Dieses Projekt hat zum Ziel, diese Befunde auf klinisch relevante Populationen zu erweitern. Um die Generalisierbarkeit des Ansatzes zu demonstrieren, sollen in einem ersten Schritt die Ergebnisse für die zweite Alltagsdroge neben Alkohol, Nikotin, bestätigt werden. Wir streben den Vergleich der klinisch relevanten Gruppe der Raucher mit Nichtrauchern an (Studie 1). Gleichzeitig werden wir dabei das Zusammenspiel zwischen automatischen Assoziationen und Substanzdeprivation für die Entstehung von AVen untersuchen. Darüber hinaus möchten wir die Ergebnisse der Pilotstudie auf die klinisch relevante Gruppe von starken Alkoholkonsumenten erweitern (Studie 2) und die Tauglichkeit des Ansatzes auch für den für angewandte Zwecke kritischen Kontext leichter Alkoholintoxikation zeigen (Studie 3). Die vorhergesagten Befunde hätten direkte Relevanz für die Forschung zu sowie die therapeutische Intervention von AVen. |