Abstract |
Die Arbeitsgruppe "Populationsökologie und Evolutionsbiologie von Pflanzen" von Jürg Stöcklin am Botanischen Institut beschäftigt sich zur Zeit intensiv mit den funktionellen Konsequenzen der topographisch, geologisch und klimatisch vielfältig strukturierten alpinen Landschaft auf demographische, reproduktionsbiologische und evolutionäre Prozesse von Pflanzen. Im speziellen untersuchen wir, wie die Glazialgeschichte, biogeographische Faktoren und der Mensch durch seine Landnutzung die Diversität innerhalb und zwischen Arten beeinflusst hat. Methodisch spielen dabei Experimente im "common garden" und molekulare Untersuchungen eine zentrale Rolle, weil deren Kombination erlaubt, neutrale und selektionsbedingte evolutionäre Anpassung zu charakterisieren (Scheepens et al. 2010).
Für unsere molekulare Untersuchungen haben wir zuerst RAPD Marker benutzt, sind aber in den letzten Jahren dazu übergegangen jeweils Mikrosatelliten zu entwickeln, weil dadurch eine bessere Datenqualität erreicht werden kann und weil kodominante Mikrosatelliten für popoulationsgenetische Untersuchungen aussagekräftiger sind. ln den letzten Jahren entwickelten wir Mikrosatelliten für Poa a/pina (Maurer et al. 2005), Campanula thyrsoides (.tEgisd6ttir et al. 2007), Anthyllis vulneraria (Kesselring et al. 2013) und Geum reptans (Hamann et al. 2014). Populationsgenetische Untersuchungen mit den entwickelten Mikrosatelliten haben wir für zahlreiche bereits abgeschlossene und noch laufende Projekte verwendet (Rudmann-Maurer et al. 2007, Aegisdottir et al. 2009, Stöcklin et al. 2009, Kuss et al. 2011, Frei et al 2012a,b; Steiner et al. 2012, Scheepens et al. 2013).
Campanula rotundifolialscheuchzeri als Untersuchungsobjekt Seit drei Jahren arbeiten wir mit Campanula rotundifolialscheuchzeri. Die beiden Arten sind in der Schweiz in der kollinen bis alpinen Höhenstufe v.a. auf Wiesen und Weiden verbreitet, wobei C. scheuchzeri in der Regel in höheren Lagen vorkommt und C. rotundifolia eher die tieferen Habitate besiedelt (Lauber & Wagner 2007). Die beiden Arten sind nah verwandt (beide gehören zum Artenkomplex C. rotundifolia), schwer unterscheidbar und gelten als Höhenvikarianten, die auf mittlerer Meereshöhe hybridisieren können. Genaueres ist darüber allerdings nicht bekannt. ln schweizerischen Populationen haben beide Taxa - soweit untersucht und im Gegensatz zu anders lautenden Angaben (Lauber & Wagner 2007) - den gleichen Chromosomensatz von N = 64 (Frei 2007). Im Rahmen einer Masterarbeit haben wir die Anpassung der Blühphänologie von C. rotundifolia entlang eines latitudinalen bzw. eines Höhengradienten und das Potential dieser Art sich an ein verändertes Klima anzupassen untersucht (Preite et al. 2014). Für die molekularen Untersuchungen verwendeten wir RAPD Marker, weil uns keine Mikrosatelliten zur Verfügung standen. Wir planen weitere Experimente und molekulare Untersuchungen mit C. rotundifolialscheuchzeri. Insbesondere beabsichtigen wir die Anpassung der beiden nah verwandten Arten an unterschiedliche Höhe ü. M. und an verschiedene Landnutzungstypen zu untersuchen. Dafür sind wiederum Experimente und molekulare Untersuchungen geplant.
Für zukünftig geplante experimentellen und molekularen Studien möchten wir an Stelle von RAPD Mikrosatelliten-Marker einsetzen können, auch um den Status der beiden nah verwandten Arten zu klären. Der Status der beiden Arten ist oft Gegenstand kritischer Diskussionen und das Ausmass von Hybridisierung und Genintrogression ist bisher nicht bekannt (Frei 2007).
Gegenstand der geplanten Untersuchungen Als Voraussetzung für die oben erwähnten experimentellen und populations genetischen Untersuchungen möchten wir eine Mikrosatelliten DNA-Datenbank für Campanula scheuchzeri etablieren und allenfalls auch für C. rotundifolia entwickeln. Es handelt sich bei den geplanten Arbeiten um ein Pilotprojekt, welches die Voraussetzung für vertieftere experimentelle und populationsgenetische Studien schaffen soll. Für das Pilotprojekt wird hingegen nur eine beschränkte Anzahl an Populationen und Individuen der beiden Arten verwendet.
Die entsprechenden genemischen Regionen wurden für Campanula scheuchzeri bereits entwickelt (ECOGENICS GmbH, Schlieren, Zürich, 2013) und liegen als Rohsequenzen vor. Jedoch konnten wir deren allelische Variabilität noch nicht testen, weil uns dafür die finanziellen Mittel fehlen.
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