Die Investorenstruktur einer börsennotierten Unternehmung kann einen wesentlichen Einfluss auf deren Corporate Governance und die Ausprägung deren Aktionärsrechten aufweisen. Eine Unterteilung von Investoren ist anhand derer Einflussnahme auf die Unternehmung möglich, namentlich in passive oder aktive Investoren. Während passive Investoren kaum oder nur einen geringen Einfluss auf die Unternehmung ausüben, versuchen aktive Investoren direkten Einfluss, beispielsweise durch die Wahrnehmung ihrer Aktionärsrechte, auszuüben. Charakteristische Ziele von aktiven Investoren sind unter anderem die Stärkung von Aktionärsrechten und die Mininmierung von Agency-Kosten durch eine Verbesserung der Corporate Governance. Die Erreichung dieser Veränderungen führt nach Erkenntnis verschiedener Studien zu einer Steigerung des Unternehmenswertes in Form von einer Wertgenerierung für die Aktionäre. Um für die Kosten von Überwachung und Einflussnahme vom Kapitalmarkt kompensiert zu werden, sind aktive Investoren in der Regel mit wesentlichen Aktienanteilen an der Unternehmung beteiligt.
Aus der vorangehenden Fragestellung ergeben sich verschiedene interessante Fragestellungen: Wie stark wirkt sich die Anwesenheit von aktiven Investoren in der Beteiligungsstruktur der Unternehmung auf deren Corporate Governance und deren Aktionärsrechte aus? Sind Unternehmen mit einer nach weniger Corporate Governance Gesichtspunkten ausgerichteten Unternehmensführung respektive einer geringeren Pflege der Aktionärsrechte für aktive Investoren ein attraktiveres Investmentziel als andere Unternehmen? Wie werden Veränderungsvorschläge von Investoren der Unternehmung kommuniziert, respektive durchgesetzt?
Während sich die empirische Finanzmarktforschung in den letzten paar Jahren zwar eingehend mit der Rolle aktiver Investoren und deren Einfluss auf Zielgesellschaften auseinandergesetzt hat, fehlen die Antworten auf viele dieser Fragen, weil es für notwendig ist, die erforderlichen Informationen direkt bei den potenziell betroffenen, also börsenkotierten, Unternehmungen zu beschaffen und die Qualität ihrer Corporate Governance und Aktionärsrechtspflege zu quantifizieren. Zudem muss für diese Untersuchung die Datenbasis mit Informationen zum Umgang mit den unterschiedlichen Investoren und deren Berücksichtigung ergänzt werden. Darin liegt die Zielsetzung des vorliegenden Projekts.
Hierfür wird ein Fragebogen an die 632 im CDAX gelisteten Unternehmungen mit verschiedenen Fragen zu Corporate Governance und Aktionärsrechten versendet. Erste Vorarbeiten wurden hierfür bereits erbracht. Eine Vorversion des Fragebogens konnte bereits mit Vertretern der Deutsche Börse AG besprochen werden. Die Investorenstruktur kann durch die Verwendung von meldepflichtigen Aktienschwellen analysiert werden, wofür ein Grossteil der notwendigen Arbeiten ebenfalls bereits geleistet wurde.
An unserer Abteilung wurde bereits die Thematik der Auswirkungen von bestimmten Investorengruppen auf deren Zielunternehmungen ausführlich untersucht (z.B. Weber/ Zimmermann: „Hedge Fund Activism and Information Disclosure: The Case of Germany“, Working Paper). Dabei wurden die Bewertungseffekte der Zielunternehmung auf den Einstieg von bestimmten Investoren untersucht. Dabei fehlte es aber bisher an Informationen über die jeweiligen Unternehmungen. Die Erweiterung der bestehenden Forschung um Corporate Governance und Aktionärsrechte der jeweiligen Zielunternehmen ist bedeutsam und liefert einen substantiellen Beitrag zur Literatur in diesem Bereich. Wie die aktuelle Diskussion zum Übernahmerecht zeigt (vgl. U. Schenker, Schweizerisches Übernahmerecht, Stämpüfli 2009), handelt es sich um eine höchst bedeutsame Fragestellung im Bereich von Law & Finance. |