Abstract |
Die Geschichte der Bilder, angefangen bei den prähistorischen Höhlenmalereien bis hin zu den massenmedialen Bildern der Moderne, ist die Geschichte einer fortschreitenden Ausbreitung des Visuellen über das Soziale. Was macht die Bilder – heute mehr denn je – so außerordentlich bedeutsam, dass wir nicht aufhören können, sie unablässig zu produzieren und zu konsumieren? Soziologisch gefragt: Was ist die gesellschaftliche Funktion der Bilder?
Das Dissertationsprojekt nimmt die komplexen Wechselbeziehungen zwischen gesellschaftlichen Verhältnissen und gesellschaftlichem Bildgebrauch auf kultur- und makrosoziologischer Ebene in den Blick. Im Rückgriff auf kulturtheoretische, gesellschaftstheoretische und bildtheoretische Ansätze wird diese Wechselbeziehung als Ergebnis eines kulturellen Transformationsprozesses verstanden, in dessen Verlauf gesellschaftliche Wirklichkeit – vor allem in ihren problematischen, verunsichernden, traumatischen Erscheinungen – mit Hilfe von Bildern dargestellt, verarbeitet, vor allem aber verwandelt wird.
Aus der Perspektive einer psychoanalytischen Kultur- und Gesellschaftstheorie, anschließend u.a. an Christoph Türckes Philosophie des Traums (2008), besitzt dieser Prozess der Verwandlung bemerkenswerte Analogien zu den drei Mechanismen der Traumarbeit bei Sigmund Freud – Verdichtung, Verschiebung und Umkehrung –, die sich bildtheoretisch als Evidenzerzeugung, Weltverdopplung und Fiktionalisierung reformulieren lassen. Die Mechanismen der Traumarbeit, so also die zentrale These, sind zugleich die Mechanismen der gesellschaftlichen Arbeit am Bild. Bilder erscheinen damit als kollektive Tagträume der Gesellschaft, als Wiederkehr des „gesellschaftlichen Unbewussten“ (Mario Erdheim) in der verwandelten Gestalt des Imaginären. Die Deutung dieses Imaginären stellt einen privilegierten Zugang zu den im Alltag verdrängten Tiefendimensionen gesellschaftlicher Erfahrung bzw. zum ‚Realen der Gesellschaft‘ bereit. An vier Beispielen – zwei aus der frühen (Höhlenbilder, Totenbilderkult) und zwei aus der neueren Bildgeschichte (Fotografie, Unterhaltungsfilm) – wird der in der Dissertation präsentierte Ansatz der „Bildsoziologie als Kulturtheorie“ in exemplarischen Analysen (z. B. einer Analyse des Batman-Spielfilms The Dark Knight) angewendet, belegt und konkretisiert.
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