Abstract |
In der Frage von Theatralität und Dramatik stellen die Griechen einen wichtigen historischen Referenzpunkt dar, zumal sie als Begründer des westlichen Theaters gelten. Unsere Rezeptionsgewohnheiten im Theater sind allerdings nach wie vor weitgehend vom Verismus eines Spiels geprägt, das die Handlung, das drama, sowie psychologisch nachvollziehbare Charaktere in den Vordergrund rückt. Antike Dramen sind jedoch auf bekannten Mythen, Symbolen und Bildszenen basierende Performances, deren Ursprung in einer chorischen Begehung liegt. Es ist nicht zuletzt der Retheatralisierung der postmodernen Bühne zuzuschreiben, dass man in jüngerer Zeit einen Zugang zum prädramatischen Charakter der Dramen z. B. eines Aischylos oder eines Aristophanes findet. Die Charakteristika des postdramatischen Theaters – es ist anti-aristotelisch, nicht-thetisch und ebenso wenig mimetisch-referentiell, es ahmt keine Handlung nach und stellt auch keine dar – nähern das postdramatische Theater dem griechischen, prädramatischen Theater an. Im Zusammenhang mit zeitgenössischen wie mit antiken Theaterformen stellt sich somit die Frage nach dem Einsatz und der Funktion vom Medien sowie der Bezugnahme auf verschiedenste gesellschaftliche Diskurse, die vom Theater aufgegriffen und mit denen sich das Theater performativ auseinandersetzt.
Das FM untersucht mit Hilfe der aktuellen Kultur- und Theaterwissenschaft und der ikonischen und performativen Paradigmenwechsel der letzten Jahrzehnte diesen veränderten Wahrnehmungsweisen von Realität nachzugehen. Dabei begreift das Projekt „Die intermediale Ästhetik in der Alten Komödie des Aristophanes“ die Komödien des Aristophanes als hybride Fusion verschiedener Medien auf. Als metatheatrale, intertextuelle und interperformative Spieltexte unterhalten sie Bezüge zur Tragödie und zu sämtlichen Diskursen der Polis, insbesondere zum politischen Kontext und zum rituellen Umfeld, in dem sie aufgeführt wurden. Ziel ist es, die Funktion der Medien bei der Entstehung und Veränderung bestimmter ästhetischer Darstellungsformen sowie deren künstlerischen Umsetzungen zu bestimmen. Ein zentraler Aspekt ist in diesem Zusammenhang die durch intermediale Transformationsprozesse ausgelöste Verschiebung linearer Raum-Zeitstrukturen. Hier knüpft das zweite Projekt „ Katastrophische Zeiträume – Intermediale Inszenierungen ästhetischer Ereignisse: Dieter Roth, Jeff Wall und Heath Bunting“ an. Lässt sich Theatralität als Wechselbeziehung zwischen Wahrnehmung und Darstellung, Verkörperung und Inszenierung verstehen, ist eines ihrer zentralen Merkmale die Ereignishaftigkeit performativ hervorgebrachter Blickkonstellationen, die zwischen Bild und Betrachter einen anderen Zeitraum eröffnen. „Das Scheitern der Medien im Theater. Intermedialität als Strategie des Realen“, schließlich, nimmt genau jenen Momente des Zusammenbruchs der Inszenierung ins Visier. Da im Theater alle Medien sowohl in ihren Funktionsweisen als auch in ihren Wahrnehmungsmodi als solche eingesetzt werden, können sie im Bühnenraum gegeneinander ausgespielt werden. Der mediale Schirm wird so durchbrochen, und es entstehen Effekte des Realen. Die Fragen nach der Körperlichkeit und der Stimmlichkeit, die hier aufgeworfen werden, schlagen den Bogen zurück zum antiken Theater und dessen Darstellungsweisen. |